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AutorenbildFabian

4 Wochen Quarantäne in Peru

Aktualisiert: 30. Apr. 2020

Vor kurzem noch haben wir die größte Freiheit auf Erden „erfahren“ dürfen und dann kam Corona. Im Januar als wir in Mendoza waren machten wir uns noch über Corona und die Auswirkungen lustig, doch einige Wochen später ging dann alles ganz schnell und aus der größten Freiheit wurde die wohl größte Einschränkung in unserem Leben.

7 Monate haben wir jeden Tag entschieden ob, wann und wohin wir fahren wollen. Wir hatten unser Haus auf Rädern mit großer Terrassentür und jeder Ort in Südamerika konnte unser Garten sein.

Am Titicacasee ändert sich dann von einem Tag auf den nächsten ALLES. Der Bulli stand, privates Fahren verboten, viel Polizei und noch mehr Militär, Kühlschrank leer und Vorratskammer auch und naja bis kurzem vor dem Rückflug nach Deutschland dachten wir noch, dass wir Corona einfach aussitzen werden und dann weiterreisen.

Die Reise nach Kanada war immer noch das primäre Ziel, denn dort wohnt meine Tante. Helga und ich haben seitdem wir in Südamerika waren fast jede Woche Kontakt und die Vorfreude sich nach Jahren mal wieder zu sehen, war sehr groß. Die Entscheidung zurück nach Deutschland zu fliegen war gerade deshalb auch nicht besonders einfach und so habe ich erst in Detmold wieder die Ruhe gehabt ihr unsere Entscheidung und das erlebte per Mail mitzuteilen. Die Mail gibt einen guten Überblick über unsere 4 Wochen in Peru und somit wollen wir euch diese nicht verheimlichen…

Hallo Helga, 

Karo hat sich sehr gefreut. Noch nie hat sie Geburtstagsglückwünsche aus Canada bekommen... haha... vielen Dank dafür.

Die folgende Mail ist etwas länger, bitte nicht wundern, aber ich habe viel zu erzählen, eigentlich noch viel mehr, als in dieser Mail steht.

Unsere Zeit in Peru war ziemlich verrückt und ist nun leider vorbei, denn ich habe schlechte Nachrichten. Wir "mussten" leider einen Flieger zurück nach Deutschland nehmen. 

Aber ich erzähle die Geschichte mal von vorne... 

Wie ihr wisst, standen wir ja am Titicacasee in Peru am Strand in einer 2-wöchigen Quarantäne. Die Zeit dort war echt schön und wir waren uns sicher, dass wir die Corona Zeit an dem Strand aussitzen werden. Doch wie so häufig auf unserer Reise kam alles anders als gedacht. Normalerweise planen wir ja nie besonders weit und kaum planen wir einmal ein paar Wochen am Strand, kommt alles anders als wir das wollten.

Nach 2 Wochen am Strand waren alle unsere Lebensmittel aufgebraucht und auch das Trinkwasser wurde langsam knapp, also wollten wir gerne einkaufen gehen... leichter gesagt als getan, denn die Beschränkungen der peruanischen Regierung waren schon dann sehr strikt.

1) Privates Autofahren ist verboten

2) Absolute Ausgangssperre von 20 Uhr bis 5 Uhr morgens.

3) Sämtliche Läden haben zu, nur die "essentials" dürfen verkauft werden

4) Mund/Nasenschutz ist Pflicht.

Zusätzlich hatten wir leider kein Bargeld mehr und mussten zuerst eine Bank aufsuchen. Am Samstag, den 28.03. fuhr ich also los. Leider war die nächstgrößere Stadt menschenleer und die Bank hatte schon geschlossen. Also bekamen wir kein Geld und mit den restlichen 50Sol, welches etwa 14Euro, bzw. 20 kanadischen Dollars entspricht, versuchten wir unser Glück bei einem kleinen Kiosk.

Naja, dann wurde unsere größte Befürchtung wahr. Die Menschen hier auf dem Land hatten Angst vor uns und winkten uns bereits von weitem ab... Sie wollten uns nicht bedienen. Auch die Erklärung, dass wir schon 7 Monate durch Südamerika reisen und somit keinen Kontakt zu Europa hatten, half nichts. Die Angst der ländlichen Bevölkerung vor dem Corona Virus war zu groß, sie wollten uns nichts verkaufen.

Im nächsten, noch kleineren Laden/Kiosk bekam ich dann mit viel Mühe wenigstens Brot und Wasser, aber leider auch nur genau das und nicht mehr.

Am nächsten Tag, sonntags, kam dann die nächste Überraschung. Nach dem Abendessen wurden wir von einigen "Locals" besucht, nicht aggressiv, aber doch sehr bestimmend forderten Sie, dass wir IHREN Strand verlassen sollten. Wir fühlten uns im Recht, schließlich hatte die regionale Polizei uns erlaubt hier zu sein. Kurzer Hand riefen wir die Polizei, denn unser "Lieblingspolizist", der uns mittlerweile fast täglich besuchte und sich um uns sorgte, sollte die aufgebrachte Bevölkerung beruhigen. 

Naja, leider hatte die Polizei in diesem Moment kein Auto und konnte somit nicht kommen. Wir einigten uns also die Diskussion am nächsten Tag fortzusetzen. Etwa eine Stunde später, kam die Polizei dann doch vorbei. Die Locals waren längst weg, aber wenigstens konnten wir uns für den folgenden Tag mit der Polizei vor der örtlichen Bank und zum anschließenden Einkaufen verabreden.

Während wir uns die gesamte Zeit am Strand sehr sicher fühlten, machte der Polizist ziemlich viele Andeutungen, dass er einen sichereren Ort für uns suchen würde. Zum ersten Mal hörten wir von einem deutschen Priester, der sich um Ausländer kümmert. Insgeheim hofften wir natürlich, dass wir am Strand bleiben dürfen.

Am Montag, während wir den Strand verließen, kam in uns jedoch das Gefühl auf, dass wir den Strand das letzte Mal sehen würden. 1 Stunde später hatten wir die Gewissheit, die Polizei brachte uns zum Priester. 

Vorher jedoch versuchten wir Geld zu holen und es blieb beim Versuch, aber ich versuch die Situation kurz zusammenzufassen. Wir fuhren mit unseren Freunden, welche die Zeit mit uns am Strand geteilt hatten, auf den Marktplatz von Pomata. Hier waren wir mit der örtlichen Polizei zum Geld holen verabredet. Die Situation war aber trotz Soldaten und Polizei alles andere als entspannt, denn die Leute hier hatten wirklich Angst vor uns und wollten uns um jeden Preis aus Ihrer Stadt loswerden. Wir wurden fotografiert und angepöbelt...

Die Polizei hielt es für sinnvoller in die nächste Ortschaft zu fahren, eben zu diesem einen Priester. Dort sollte uns geholfen werden.

Obwohl nur wenige Kilometer entfernt, aber durch Polizei und Militärkontrollen dauerte die Fahrt wirklich lang. Auf der Farm des Priesters angekommen, hatten wir weder Lebensmittel noch Bargeld, um diese zu kaufen. Es war bereits 15 Uhr nachmittags. Geld holen durften wir anschließend nur mit der Polizei zusammen, wohlgemerkt im Polizeiauto. Lebensmittel kaufen schien als "Gringo" aber zu gefährlich. Und während wir noch rätselten, ob die Vorsicht der Polizei und des Priesters nun angebracht sei, klärte dieser uns kurze Zeit später auf. "Falls ihr hierbleiben wollt", so sagte er, "ist es besser ihr verlasst dieses Grundstück nicht. Die Leute hier sind Europäern gegenüber aktuell aggressiv, denn sie sind ungebildet und glauben, dass jeder Europäer den Virus bringt". Weiter erzählte er, dass es gut war, dass wir in der Stadt zuvor nicht aus den Autos ausgestiegen sind, denn wir hätten dann auch an der Laterne hängen können.

Und erst in diesen Minuten wurde uns klar, wie trügerisch die Sicherheit am Strand wohl war. Innerhalb von wenigen Minuten änderte sich unser Sicherheitsgefühl komplett. Wenig später erreichte uns eine Nachricht, welche es nicht besser machte, denn Bekannte in Lima, 1500km entfernt, hatten über dritte aus diesem kleinen Ort erfahren, dass nun schon der gesamte Ort über unsere Anwesenheit beim Priester Bescheid weiß. Wenn nun innerhalb von wenigen Stunden der gesamte Ort weiß, dass zwei europäische Autos beim Priester auf der Farm stehen und wir hier übernachten, ohne, dass wir jemals mit den Autos im Ort selber waren, können wir uns dort dann sicherfühlen? Die Antwort war ganz klar: NEIN. 

Aber wir hatten mal wieder Glück, denn noch am gleichen Nachmittag erhielten wir für beide Autos ein Permit, welches uns erlaubte bis nach Lima zu fahren. 

Kurzer Hand entschieden wir uns nicht beim Priester zu bleiben, sondern am nächsten Tag nach Lima aufzubrechen. Erzählungen zur Folge, sollte die Situation dort wesentlich friedlicher sein und sogar einkaufen gehen kann man dort ohne Probleme, auch als Europäer. Dieser Fakt versprach uns unglaublich viel Freiheit.

Eine Strecke von 1500km heißt 3 Tage lang Auto fahren. Vor allem, weil die Ausgangssperre sich gerade verschärft hatte. Nun galt diese von 18 bis 5 Uhr morgens. Somit blieben uns jeden Tag nur 13h zum Fahren und das auf peruanischen Straßen und der ständigen Unterbrechung durch Militär/Polizeikontrollen ist nicht besonders viel Zeit.

Es folgten 3 Tage reines Fahren, vorbei an einigen Sehenswürdigkeiten, leider ohne Anhalten, da das Permit rein zum Fahren ermächtigt. 

Am ersten Tag passierten wir unendlich viele Straßenkontrollen, die erste Hälfte noch mit Polizeieskorte, zu unserem Schutz und um die Kontrollen leichter passieren zu können, später dann ohne Polizei. Und während wir so fuhren, lies Karo aus unserem Reiseführer vor und so erfuhren wir von einem Dorf, welches durch ihre Nähe zu den indigenen Vorfahren wohl auch heute noch regelmäßig Selbstjustiz ausübt. Ich fragte wo dieses Dorf liegt und die Antwort bestärkte uns in der Entscheidung nach Lima zu fahren, denn das Dorf liegt in der Region des Titicacasees. 

Doch es war merkwürdig, kaum hatten wir den Süden des Landes verlassen, waren die Menschen wieder total freundlich. Genau wie wir es vom restlichen Südamerika gewohnt waren. Die Leute freuten sich uns zu sehen, winkten, wenn sie uns sahen, öffneten Türen und Fenster, um uns zu grüßen. Der Titicacasee ist eine andere Welt, im positiven, wie im negativen Sinne.

Die 3 Tage Fahrt nach Lima fühlten sich super an, auch wenn wir doch immer sehr lange nur saßen und fuhren, aber schließlich waren wir vorher 2 Wochen lang gar nicht gefahren.

Und während wir nach Lima reinfuhren, überkam uns das Gefühl, dass wir den Tornado in nächster Zeit nicht weiterfahren werden und dies die letzten Kilometer für eine lange Zeit seien...Leider täuschte auch diese Vorahnung nicht.

Die nächsten Tage wohnten wir in einem unbewohnten, leeren Haus von der Familie einer peruanischen Freundin, welcher wir unendlich dankbar sind. In Lima haben wir uns sehr, sehr sicher gefühlt, an jeder Ecke Polizei oder Militär und auch einkaufen war kein Problem. Am zweiten Tag in Lima wurden die Beschränkungen wieder verschärft. Ab nun durften Männer und Frauen nicht mehr gleichzeitig raus. Montag, Mittwoch, Freitag dürfen nur Männer raus, Dienstag, Donnerstag und Samstag dürfen nur Frauen raus. Am schwierigsten wurde es sonntags, denn ab nun darf sonntags niemand mehr raus. Auch der Hund nicht...

Und die Regeln wurden und werden strikt geprüft, an einem Montag konnte ich beobachten, wie zwei Frauen festgenommen wurden, aber okay, wenn sich jemand nicht an die Regeln hält, ist das wohl auch klar. Generell halten sich die Leute in Lima an die Regelungen.

Die Situation spitzte sich langsam zu, die Freiheit wurde weniger und die Gerüchte um eine 6-monatige Grenzschließung wurden lauter. Eine Weiterreise schien uns in nächster Zeit erstmal nicht mehr möglich.

Sehr viele deutsche Touristen wurden bereits ausgeflogen und wir waren uns die ganze Zeit sehr sicher, dass wir die Corona Krise "aussitzen" werden, aber ob wir bis dahin zu naiv waren oder uns einfach nicht genug Gedanken dazu gemacht hatten, können wir auch nicht mehr genau einordnen.

Normale Rückflüge gab es schon länger nicht mehr, denn die Grenzen Perus waren schon lange geschlossen. Von den Botschaften organisierte Flüge finden auch nicht vom zivilen Flughafen statt, denn dieser ist seit Grenzschließung ebenfalls geschlossen, sondern vom Militärflughafen und somit muss jeder Flug einzeln von der peruanischen Regierung genehmigt werden.

Wir schrieben uns vorsichtshalber für das Rückholprogramm der deutschen Botschaft ein, hatten aber nicht viel Hoffnung zurückfliegen zu können, da wir von Gerüchten gehört hatten, dass die Mitnahme von Hunden wohl kompliziert wäre. Und natürlich kam es für uns nicht in Frage Myliu zurückzulassen.

Nunja, auch das bestätigte sich mal wieder. Die Lufthansa nimmt auf diesen speziellen Flügen keine Haustiere, ausgenommen Assistenzhunde, mit. Wir rechneten erneut, können wir es uns leisten, 6-12 Monate in Lima zu leben und dann noch bis nach Kanada reisen. Selbst unter sehr günstigen Lebensbedingungen schien es uns nicht machbar. Nebenbei Geld zu verdienen, wäre wohl nur online möglich gewesen, aber ob es reichen würde? 



Nunja, wir machten folgende Entscheidung, wenn wir es schaffen einen Rückflug mit einer anderen Airline, welche Hunde mitnimmt, zu organisieren, dann fliegen wir und wenn eben nicht, dann bleiben wir natürlich mit Myliu hier. Niemals würden wir Myliu hier alleine lassen. 

Innerhalb kurzer Zeit machten wir noch 3 andere deutsche Hundebesitzer aus, die das gleiche Problem hatten. Für mich Anlass genug alle Daten zu sammeln und nochmal eine Nachricht an die deutsche Botschaft zu schicken. Meine Anfrage wurde an die Lufthansa weitergeleitet, aber wieder erhielten wir eine Absage.

Zwei der vier Hundebesitzer hatten bereits eine Zusage für einen deutschen Rückflug zwei Tage später, sie entschieden sich um und wollten ihren Hund jeweils in Peru zurücklassen und ihn sich später nachschicken lassen, sobald es möglich ist. Für uns und eine Freundin undenkbar. 

Wir versuchten es weiter. Zwei Tage lang schrieb ich Mails und telefonierte. Versuchte es über Airfrance, die französische, die schweizerische und die niederländische Botschaft, erklärte jedes Mal unsere Situation, übermittelte unsere Personalien, mal auf englisch, mal auf deutsch. Zunächst mit wenig Erfolg, bis wir dann über zig weitere Kontakte von anderen Reisenden an eine niederländische Familie kamen, welche mit ihrem Hund einen Rückflug für Mittwoch, den 8. April bekommen hatten. Natürlich über die niederländische Botschaft, welche sich für uns aber nicht zuständig fühlte, weitere Anrufe, Mails und Erklärungen später schien es doch auf einmal eine Chance auf einen Flieger zu geben. Weitere 2 Tage später hatten wir ein Ticket per Mail, zwar nach Amsterdam, aber das war uns zunächst egal.

Jetzt hieß es Sachen packen, sortieren und einen Unterstellplatz für den Bulli finden. Die "Aufenthaltsgenehmigung" für das Auto mussten wir verlängern und einen "Mietvertrag" für den Stellplatz an den peruanischen Zoll weiterleiten. 

Achja und dann blieb da noch die kleine Unmachbarkeit den Bulli trotz Fahrverbotes für private Personen von unserem Aufenthaltsort zu unserem Freund nach Hause zu fahren, denn dort sollte der Bulli nun erstmal vor der Tür stehen. Der Unterstellplatz war zwar nur 4 Blöcke entfernt, dennoch würde eine Polizeikontrolle wohl nicht nur zu viel Diskussion führen, sondern eventuell auch zu einer Festnahme... aber was haben wir für eine andere Chance. Keine, also suchte ich mir eine Seitenstraße und hoffte auf die Kulanz der Polizei, falls diese mich doch erwischen würden. Aber... ich habe es geschafft. 

Der Tag des Abfluges war dann zwar bis zum Flieger stressig, aber danach dann umso entspannter. Morgens um 6:30 Uhr brachte ich zu Fuß die letzten Sachen in den Bulli, machte noch ein Foto und danach machten wir uns auf den Weg zum Sammelpunkt, wovon ein Bus zum Militärflughafen ging. Dann vom Bus in das Flugzeug und mit einer Stunde Verspätung hoben wir ab.

Myliu hat den Flug mal wieder gut überstanden und die Einreise war auch kein Problem. Die Grenze von den Niederlanden nach Deutschland ist noch offen und somit gab es auch keine Kontrolle.

In Detmold angekommen erwartete uns gutes Wetter, Regen und Kälte hätten sicher noch eher zu schlechter Laune geführt.

Nunja und nun sind wir wieder hier, in freiwilliger Quarantäne, da wir ja auch nicht wissen, ob und was wir uns im Flieger eingefangen haben. 

Es tut mir leid, dass wir uns vorher noch nicht gemeldet haben und vor allem, dass wir uns nun mit solch schlechten Nachrichten melden.

Wir hoffen euch geht es weiterhin gut und dass ihr euch von der Krise nicht unterkriegen lasst.

Grüße auch zu Ostern aus Detmold.

Fabian, Karo und Myliu.



Und unseren Vierteiler zur Quarantäne wollen wir euch natürlich auch nicht vorenthalten.

Falls ihr mehr Videos sehen wollt, würde es uns sehr motivieren, wenn ihr unseren Kanal abonniert - Vielen Dank dafür!





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