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AutorenbildKaro

Torres del Paine - Karussell der Emotionen

Für Fabian hat die zweite Reiseetappe begonnen - die Anden. Auf dem Weg zum Torres del Paine hatte ich immer noch das Gefühl, wir sind gerade erst angekommen und dabei haben wir schon die ersten 50 Reisetage voll. Das hat sich in der Zwischenzeit geändert - nun bin ich auch angekommen.


Als wir die Reise vorbereitet haben, zählte Torres del Paine für mich zu den absoluten Highlights, die ich erleben wollte.

Im Nationalpark Torres del Paine gibt es viele Wanderwege. Man kann zum Gletscher Grey wandern, unzählige Wege führen an wunderschönen Lagunen entlang mit dem Ausblick auf die Torres del Paine und natürlich als Krönung die Wanderung zum Ausblicks Punkt der Granit Türme. Das alles lässt sich in einer 5 tägigen Wandertour in 72 km verbinden, das sogenannte „W“, weil die Wanderroute diese Form hat. Oder auch für die, die mehr wollen eine 9 tägige Tour mit 112km, das sogenannte „O“.

Auf diese 5 tägige Wandertour habe ich mich schon wahnsinnig gefreut, schließlich haben wir uns noch kurz vor der Abreise neue Rucksäcke und Equipment für solche Touren zugelegt.


Nach der 3 tägigen Wandertour vor zwei Jahren am Mont Blanc Massiv in Frankreich, habe auch ich die Bergromantik für mich entdeckt. Vielleicht aber hat es auch etwas damit zu tun, dass ich den Heiratsantrag bei der Wandertour bekommen habe.


Nun haben wir schon auch den einen oder anderen Reisenden getroffen, die uns sagten, dass der Hund im Nationalpark Torres del Paine nicht erlaubt ist. Die einzige Möglichkeit wäre, nachts in den Park zu fahren und den Hund tagsüber im Auto zu lassen. Irgendwie wollte ich das nicht hören und hab keine weiteren Gedanken an dieses Problem verschwendet. Wir werden das schon hinbekommen. Leichte Zweifel besuchten mich dann doch hin und wieder, schließlich war der letzte Besuch im Nationalpark auch ohne Hund.

Egal, wir fahren erst mal nach Puerto Natales. Diese Stadt gilt als Ausgangspunkt für den Nationalpark, jeder der da rein will, kommt erst mal dorthin.

Auf den Hinweis von Mario, von unseren Freunden hatten wir uns schon in Ushuaia verabschiedet - deren Reisetempo wird nun zu schnell für uns, haben wir ein Hostel/Equipment Verleih aufgesucht. Hier erfährt man auch täglich um 15 Uhr was man so alles berücksichtigen muss, wenn man das „W“ wandern möchte. Natürlich waren wir zu spät, hofften aber trotzdem noch die eine oder andere Information zu bekommen.


Tja, uns wurde gesagt mit Hund können wir nicht wandern. Nun also offiziell, mich überkam sofort die schlechte Laune. Freundlicherweise bot uns der Herr an, einen Hundesitter zu finden. Wir bedankten uns und verließen den Laden, erstmal Gedanken sortieren. Grundsätzliche Frage: Können wir es uns vorstellen Myliu für 5 Tage weg zu geben? Da mussten wir nicht lange überlegen - Nein, Myliu bleibt bei uns. Es war schon schlimm genug ihn für eine Stunde am Nationalpark Tierra del Fuego zurück zu lassen.

Also die logische Schlussfolgerung: Keine Wanderung des „W“!

Ziemlich unglücklich und irgendwie auch wie falsch Geld fuhren wir durch den Ort und suchten gleichzeitig einen Schlafplatz, WLAN, mussten einkaufen und Wäsche waschen. Es war Sonntag, bis auf wenige Läden hatte alles zu. Nach dem Einkauf haben wir einen öffentlichen Platz mit WLAN gefunden. Wir wollten erstmal Recherchen zu Torres del Paine anstellen, vielleicht klappt es ja doch irgendwie.

Fabian hat eine Wandertour zu dem Ausblicks Punkt von Torres del Paine gefunden, 10km, in einer Richtung. Eigentlich in einer Tagestour locker machbar.

Okay, also müssen wir nun irgendwie zwischen 20:00 Uhr und 08:00 in den Park, damit der Hund ungesehen mit rein kann.

Wir fuhren noch am gleichen Abend los, es war schon nach 20 Uhr. Bei Dunkelheit zu fahren macht kein Spaß, deswegen tun wir das „eigentlich“ nicht.

Schlaglöcher sehen wie Schluchten aus und es können jeder Zeit irgendwelche Tiere auf die Straße hüpfen. Zudem verpasst man die schönen Ausblicke, aber was tut man nicht alles für den Hund. Kurz vor der Einfahrt zum Nationalpark haben wir uns dann doch entschieden die Nacht außerhalb des Parks auf einem Ausblicks Punkt zu verbringen und lieber am frühen Morgen rein zu fahren. Zum einem, weil der Hund dann morgens noch mal raus kann und zum anderen mussten wir noch die „unauffällige“ Hunde Box ins Auto räumen.

Ach, und wenn man im Nationalpark übernachten will, dann geht es eh nur in der Nähe der Ranger-Häuser oder in einem Camp. Das war uns einfach zu riskant.

Am nächsten Morgen um 06:15 sind wir in den Nationalpark gefahren. Myliu war illegal. Der Tag begrüßte uns mit einem wunderschönen Sonnenaufgang und einem atemberaubenden Anblick der Berge im Morgenrot.

Unser erstes Ziel, der Gletscher. Zumindest soweit wie man mit dem Auto nun mal fahren kann. Auf der Straße niemand außer uns, so ist das schön. Am Rand der Straße haben wir dann einen der Gründe gesehen, warum Hunde im Nationalpark nicht erlaubt sind. Ein Puma, er lag da und spähte ja vielleicht die nächste Beute aus. Ich weiß zwar nicht ob Pumas Hunde fressen, aber wenn doch, dann wäre Myliu wahrscheinlich ein schneller fang.

An dieser Stelle möchte ich auch anmerken, dass wir wohl nachvollziehen können, dass Hunde wahrscheinlich aus mehreren Gründen im Nationalpark nicht erlaubt sind. Wir fühlten uns auch keines Wegs richtig gut dabei, jedoch wollten wir natürlich auch die Schönheit der Parks erleben und erforschen. Der Kompromiss ist nun, alles im Schnelldurchlauf zu erleben und es möglichst tierfreundlich für den Hund zu gestalten.

Nachdem wir am Gletscher angekommen sind, haben wir erstmal versucht zu Fuß so weit zu gehen wie es uns der See erlaubte.

Ziemlich schnell war dann kein Durchkommen mehr. Zumindest nicht zu Fuß. Der Wind hat auch hier wieder gezeigt was er kann. Gefühlt wehte es nicht nur durch unsere Klamotten, sondern auch durch die Knochen. Diese Winde darf man nicht unterschätzen.

Im Bulli angekommen gab es erstmal warmen Kaffee und Frühstück. Wir haben uns so weit wie möglich in eine Ecke gestellt und während ich dann Schmiere stand haben wir Myliu kurz Pipi machen lassen. Kaum waren wir wieder im Bulli, lief da ein Gärtner entlang – Puh, Glück gehabt. Der Parkplatz, auf dem wir standen, gehörte zu einem noblen Hotel.

Weiter ging die Fahrt durch eine malerische Kulisse. Die Berge, der Fluss dieses strahlende Türkis wirkt wie von einer anderen Welt.

Unser nächstes Ziel Hotel Las Torres und somit der Ausgangspunkt für die Wanderung zu den 3 Granit Gipfeln.

Der Plan: Wir fahren erstmal bis dahin und schauen wie weit wir kommen.

Um auf Nummer sicher zu sein, haben wir schon mal den Wanderrucksack gepackt, Mylius Napf aufgefüllt und die Fahrer Kabine von dem Wohnraum mit einem Vorhang abgetrennt.


Eigentlich dient der Vorhang neugierige Blicke oder auch Diebe vom Inneren des Bullis fernzuhalten, aber ich hätte nie gedacht, dass wir den Vorhang auch dazu nutzen werden, um unseren Wachhund zu verstecken.


Am Parkplatz angekommen, soweit so gut kein Ranger in Sicht. Schnell den Bulli zu gemacht und sich ganz unauffällig entfernt. Und da gingen wir los, wieder mit schlechtem Gewissen, dass der Hund im Auto bleiben musste. Aber nun gut, wir denken Myliu findet es auch besser einen Tag allein im Bulli zu verbringen als 5 Tage bei fremden Menschen.


Eine weitere Anmerkung an dieser Stelle: Da wir uns noch in der Nebensaision befinden, ist es mit um die 10-15 Grad recht frisch hier, abgesehen davon ist unser Bulli ja auch isoliert. Somit kein Problem für Myliu im Auto zu bleiben.


Mit diesem Gedanken betraten wir das Besucher Zentrum. Wir wurden um unsere Tickets gebeten - kurzer Moment des Schocks - wir haben doch keine!

Haben wir uns hier nun selbst verraten?

Oder müssen wir hier nun den Eintritt zum Park nachzahlen?

Wir fühlten uns irgendwie ertappt, Fabian sagte, dass wir keine haben. Die Frau am Tresen schob uns einen Registrierungsblatt rüber, wir sollen uns nur lediglich registrieren, dass wir nun auf den Berg gehen.

Puh - okay - alles gut.

Schon anstrengend sowas, wenn das schlechte Gewissen einen permanent begleitet.

Eine Anmerkung von der Dame, wir müssen uns beeilen, denn der Ausblicks Punkt schließt um 16:00 Uhr. Normalerweise schafft man den Berg in 4 Stunden, wir mussten es in 3 schaffen.


Okay, auf geht’s, beeilen wollten wir uns sowieso. Myliu wartete ja.

Die ersten Meter gingen ganz gut voran, motiviert und gut gelaunt gingen wir stetig voran.

Gerade als wir noch darüber sprachen, dass wir unsere Freunde aus Polen ja eigentlich einholen könnten, da wir nun nicht 5 Tage hierbleiben werden, sah ich einen Mann mit Bart und dachte noch das könnte auch Mario sein.


Es war Mario, Karolina, Amelia und Helena - voller Euphorie und Freude begrüßten wir uns. Das kann doch nicht sein - wir treffen sie hier am Berg und dabei dachten wir das nächste Treffen wird in Europa sein.


Sie machten nur die halbe Etappe der Strecke. Ein kurzes Stück sind wir gemeinsam gewandert, bis zur nächsten Berghütte. Dort gab es Pizza, aber nicht für uns. Im Schnellschritt wanderten wir weiter. Der Berg wurde immer steiler und meine Kräfte immer weniger, aber keine Zeit zum Ausruhen. Wir wussten, dass 1 km vor dem Ziel ein Camp ist. Also war meine Motivation erstmal bis zum Camp zu kommen und die Kräfte irgendwie für den letzten Kilometer aufzusparen. Dieser wird es in sich haben, 1000 Höhenmeter auf 10 km und bei Kilometer 8 hatten wir grade mal 700 Höhenmeter. Also Zähne zusammenbeißen und weiter geht‘s. Meine Beine fühlten sich an als ob man gerade eine intensive Lunches-Übung für 3 Minuten macht und nun die letzten 10 Sekunden noch mal alles gibt. Es brannte wie Hölle und ohne Gnade wurde der Anstieg steiler. Nie wieder mache ich das, ging es mir durch den Kopf. Aber es ist wie jedes Mal, sobald man oben ist, hat man die Qual vergessen.

Wie weit noch bis zu diesem blöden Camp?! Als ich das Camp hinter einem großen Felsen vermutete, sagte mir Fabian, dass wir schon lange daran vorbei sind. Diese Tatsache löste in mir den Turbo Antrieb aus. Ich gab alles was meine Beine und meine Kräfte noch überhatten.


Ich konnte es nicht fassen, wir haben die Türme erreicht und das noch vor der Schließung. Mir kamen die Tränen, es waren viele Emotionen auf einmal. Erst die Tatsache, dass die Wanderpläne über den Haufen geschmissen worden sind und nun sind wir doch da. Dann, dass es ein Erlebnis ist, welches ich noch in Deutschland recherchiert hatte und mich so sehr darauf gefreut hatte und nun stehe ich davor. In diesem Moment bin auch ich auf unserer Reise angekommen.


Natürlich bin ich auch ziemlich stolz darauf, dass wir die Strecke in 3:15 gemeistert haben, 1000 Höhenmeter auf 10 km - für Fabian, als Ultra Trail Läufer war das wohl nur zum warm werden, aber für mich war das eine super Leistung!


Nach diesem harten Anstieg erstmal eine Pause mit Kuchen und atemberaubendem Blick auf die Türme. Es gab dort ein kleines Schild, das besagt um 16:00 wird die „Sicht“ geschlossen. Wir haben uns noch lustig gemacht - wer soll das hier schließen?! Außer dieses Schildes ist hier keiner oder kommt da gleich der Vorhang zugezogen? Nach der Verschnaufpause holte ich die Kamera und das Stativ raus. Als ich gerade dabei war die Kamera auszurichten, kam der Ranger. Was?! Wo kommt der denn her?! Er wollte den Ausblick schließen, gab uns aber noch 10 Minuten. Ich machte das Beste daraus.

Okay also nun der Abstieg. Ich war so darauf konzentriert den blöden Berg rauf zu kommen, dass ich noch nicht mal die Umgebung wahrgenommen hatte. Es war wunderschön und gleichzeitig erschreckend wie steil der Abstieg war. Mehrfach habe ich mir die Frage gestellt, wie ich da überhaupt hochgekommen bin. Fabian ging wie immer vor und jedes Mal, wenn er sich nach mir umdrehte, wusste ich, jetzt kommt ein schwieriger Teil. Natürlich haben wir den Abstieg durch wunderschöne Wälder und Täler geschafft. Im Endeffekt waren wir 6,5 Stunden unterwegs.

Am Fuß des Berges angekommen, wollten wir noch schnell unseren Freunden Bescheid geben, dass wir den Nationalpark noch heute verlassen werden. Am offiziellen Campingplatz haben wir sie nicht gefunden, also sind wir weiter zu unserem Auto, Myliu wartete ja immer noch. Aus der Ferne konnten wir unsere Freunde dann mit ihrem La Elephanta, ihrem Auto, neben unserem Tornado sehen. Somit war die Freude noch größer, dass nicht nur Myliu auf uns wartete, sondern eben auch unsere Freunde. Ziemlich schnell sind wir dann in den Bulli eingestiegen und aus dem Park gefahren. Endlich, Myliu kam raus und durfte laufen.

Wir suchten uns einen Stellplatz mit Ausblick auf die Berge, aber außerhalb des Parks. Total erschöpft sind wir dann ins Bett gefallen.

Auch den nächsten Morgen sind wir wieder früh aufgestanden, schließlich wollten wir diese atemberaubende Berglandschaft nochmal im Morgenrot sehen.

Zum Abschied kreisten dann auch noch Kondore in der Landschaft.

Danke wunderschöne Natur, dass wir dich so erleben durften.

Auch die nächsten Nationalparks lassen keine Hunde rein, mal sehen was wir uns dann einfallen lassen.

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